Wir Junge Liberale Oberfranken wollen Chancengleichheit und Selbstverwirklichung in
den Vordergrund stellen. Dabei sollen jedem unabhängig vom konkreten
Lebensstandort die gleichen Chancen für ein selbstbestimmtes Leben offenstehen.
Dabei sind insbesondere kleine Gemeinden und Dörfer im Gegensatz zu Ballungszentren
in einem strukturellen und wirtschaftlichen Nachteil. Dieser Situation wollen wir
mit zielorientieren und individuell anpassbaren Rahmenlösungen entgegentreten.
Kern dieser Entwicklungen ist die zunehmende Abwanderung junger Menschen in die
Ballungszentren. Auf dem Land fehlt das Humankapital. Die Probleme des
ländlichen Raumes lassen sich dabei nur lösen, wenn Anreize für einen Zuzug oder
Verbleib im ländlichen Raum geschaffen werden. Dabei sind alle staatlichen Akteure
zur Zusammenarbeit aufgerufen, ganz besonders die Gemeinden selbst. Schematische
Lösungen werden hier nicht weiterhelfen können.
In diesem Zusammenhang müssen zuallererst bestimmte Grundstrukturen und
Rahmenaufgaben definiert werden. In einem zweiten Schritt wird geklärt, wie Gemeinden
diese und andere Aufgaben überregional erfüllen können und sollen. Zum Schluss
bedarf es für besonders ländlich geprägte Regionen eines besonderen
Handlungskonzeptes, um auch dort den Menschen Chancengleichheit zukommen zu lassen.
I. GRUNDSTRUKTUREN UND -BEDÜRFNISSE FLEXIBEL UND ÜBERREGIONAL ERHALTEN
Unabhängig vom konkreten Differenzierungsgrad müssen bestimmte Grundstrukturen
erhalten und Grundbedürfnisse der Menschen gedeckt werden. Gerade in
bayerischen Regionen mit besonderem Handlungsbedarf (RmbH) gestaltet sich dies
oftmals als besondere Herausforderung. Deshalb hat sich der Staat hier zum einen auf
absolut notwendige Aufgabenerfüllung zu beschränken. Zum anderen sind Gemeinden und
deren Aufsichtsbehörden besonders in der Pflicht gezielt kommunale und
überregionale Zusammenarbeit zum Wohle der Menschen zu organisieren und auf
gemeinsame Erfüllung von Aufgaben hinzuwirken.
- Aufrechterhalten der örtlichen Grundversorgung
Es gibt originäre Staatsaufgaben, welche in jedem Fall möglichst effektiv zu
erfüllen
sind. Zu diesen zählen solche Grundeinrichtungen, welche es gerade dem Einzelnen
ermöglichen sich selbst zu verwirklichen und sein Leben frei zu gestalten. Für diese
Aufgaben hat der Staat flächendeckend einzustehen und örtlich angepasste Lösungen zu
finden. Eine Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ist hier gewünscht und oftmals
auch geboten.
- Krankenhäuser erhalten und Notaufnahmen erhöhen
Bei der medizinischen Versorgung darf sich der Staat nicht aus der Verantwortung
Es ist die Pflicht der öffentlichen Hand medizinische
Versorgung sicherzustellen, insbesondere dort, wo es unvermeidbar zu
Versorgungsengpässen ohne staatliche Eingriffe kommt.
Deshalb erteilen wir einer voreiligen Schließung von Krankenhäusern eine Absage.
Die Schließung eines Krankenhauses soll nur erfolgen, wenn aus Versorgungs-
und Personal- sowie Qualitätsgründen eine Schließung oder Zusammenführung von
Krankenhäusern notwendig ist und eine schnelle Transportierungsmöglichkeit
– z.B. mittels guter Flugrettung – vorhanden ist. Eine Schließung kann in
Betracht kommen, wenn es ein alternatives und genauso effektives Modell
zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung für die betroffene Region
gibt.
Dies kann beispielsweise im Aufbau regionaler Versorgungszentren liegen. Dazu
gehört die Einrichtung von Ärztezentren, Telemedizin und dem Anwerben
von Landärzten. Ebenso sind Konzepte ambulanter Notfallversorgung zu
unterstützen. Teilschließungen oder Verlagerungen von einzelnen Abteilungen
unterstützen wir im Übrigen nur dann, wenn eine absolute Notfallversorgung
erhalten bleibt.
Deshalb fordern wir die Erhöhung von Notfallversorgungen. Dazu gehört es auch,
dass Krankenhäuser mit Schwerpunktversorgung eine Notaufnahme
unterhalten, sofern eine adäquate Akutversorgung der Patienten gewährleistet
werden kann.
Eine konkrete Zahl vorhandener Intensivbetten lehnen wir ab. - Digital und mobil im ganzen Land
Der Mobilfunk- und Breitbandausbau bleibt Staatsaufgabe und ist voranzutreiben.
Die konkrete Umsetzung kann gestuft erfolgen und soll einer
Priorisierung zugänglich sein. Ebenso ist es zwingende Voraussetzung, dass das
Straßennetz mit einer ordentlichen Anbindung an das Bundesstraßen- und –
autobahnnetz erhalten wird.
Ein ÖPNV ist für Personen ohne individuelles Fortbewegungsmittel unerlässlich.
Dennoch scheitert ein wirtschaftlich-sinnvolles Betreiben eines gut
ausgebauten ÖPNV in strukturschwachen Regionen und Gemeinden. Ein enges Busnetz
ist auch nicht in jeder Gemeinde notwendig. Auf Grundlage einer Bedarfsanalyse
sollen flexibel-adaptierte Buslinienkonzepte erarbeitet werden.
Darüber hinaus setzen wir hier auf eine überregionale Zusammenarbeit mehrere
Kreative Modelle der Personenbeförderung – beispielweise
mittels Rufbussen und preislich günstig gestalteten Taxi- oder Ubersystemen –
sollen hier helfen.
Falls in RmbH eine Personenförderung mittels Bahnverkehr angestrebt wird, könnte
man sich an Projekten wie der „Die Waldbahn“ für den Bayerischen
Wald orientieren. - Kinderbetreuung und Bildung flexibel gewährleisten
Kinderbetreuung und ein basales Bildungsangebot müssen unabhängig vom Wohnort
erreichbar sein. Kinderbetreuung muss möglich sein, damit die Eltern
einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können. Dabei begrüßen wir staatlich oder
kirchlich betriebene Kindertagesstätten. Dennoch ist gerade in
strukturschwachen Regionen eine gewisse Zentralisierung und Zusammenlegung im
Rahmen des wirtschaftlich machbaren unerlässlich. Doch falls Kindertagesstätten
mangels ausreichend Kindern nicht mehr sinnvoll betrieben werden können, sollen
diese trotzdessen nicht künstlich am Leben gehalten werden. Hier setzen wir
viel mehr auf private Kindertagespflege. Dabei sollen die Einnahmen aus
privater Kindertagespflege zu mindestens 30 Prozent steuerfrei gestellt
Darüber hinaus wollen wir für den Fall eines Kinderanstieges die
bürokratischen Hürden für die Errichtung von Kindertagesstätten minimieren.
Schulen sollen möglichst aufrechterhalten werden. Diese müssen die
bestmögliche personelle und materielle Ausstattung haben. Dazu zählt ganz
besonders eine digitale Ausstattung. Grundschulen sollen möglichst wohnortnah
und erreichbar sein. Falls in entlegeneren Gebieten die Schulwege besonders
weit sind soll eine Beauftragung von privaten Personenbeförderungsunternehmen
genutzt werden. Die Mehrkosten übernimmt der Freistaat Bayern. Bei
weiterführenden Schulen stehen wir darüber hinaus einem tragbaren und sozial
verträglichem Home-Schooling-Konzept positiv gegenüber. Dabei müssen die
Bedürfnisse der kindlichen Entwicklung im Vordergrund stehen. Hierbei soll
insbesondere der Sozialisationsgedanke des klassischen Schulumfeldes leitend
sein. - Landwirtschaft stärken statt schwächen
Die Landwirte in unserem Land sind äußerst wichtig für die Nahrungsversorgung. Die
vielen bürokratischen und unübersichtlichen Regularien halten wir für falsch und in
der derzeitigen Form im Grundsatz für unangemessen. Ebenso lehnen wir Subventionen
ab, welche zu Wettbewerbsnachteilen führen.
Dennoch muss der Staat auch dem Monokulturanbau durch Energiemais und Futtermais
sowie dem Artensterben durch Pflanzenschutzmittel entgegentreten. Der Anbau
von Futterprodukten ist zumeist für die Erzeuger interessanter als der Anbau
von Nahrungsmittelrohstoffen. Nährstoffe des Bodens werden durch Monokulturen
ausgelaugt und einseitig belastet. Dadurch werden mehr Düngemittel und Pestizide
benötigt, welche ebenso eine schädliche Wirkung auf den Wildtierbestand haben. Durch
die stetig steigende Feldgröße werden die Hecken und Grünflächen zudem weiter
reduziert. Hingegen halten wir naturverträgliche Pflanzenschutzmittel für eine
moderne Landwirtschaft weiterhin für notwendig, damit ein wirtschaftliches Handeln
der Landwirte möglich bleibt. Die verabschiedete Düngemittelverordnung halten wir in
diesem Zusammenhang für zu restriktiv und lehnen sie ab.
Landwirte sollen als Unternehmer betrachtet werden und sich durch ihre gute
Arbeit selbst finanzieren können. Dabei sollen neue Technologien zum Einsatz kommen
und entsprechende geförderte Schulungen angeboten werden. Zudem muss die Forschung
für neue Schutzmittel und Anbauarten in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und
Hochschulen ausgebaut werden.
Darüber hinaus fordern wir die verantwortungsvolle technologische Begleitung
der Gentechnik, um sie in Zukunft auch in der Landwirtschaft nutzbar machen zu
können.
- Umwelt – Harmonie zwischen Mensch und Natur
Bei allen Maßnahmen sind auch immer die Auswirkungen auf die Natur und Umwelt zu
beachten. Es bedarf einer Partnerschaft zwischen Mensch und Natur, zwischen
Ökonomie und Ökologie. Regionales Handeln ist für einen global gedachten Naturschutz
unerlässlich.
Hier ist es wichtig, dass bei jedem Handeln alle Interessen abgewogen werden und ein
Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen gefunden wird. Dabei ist dem
Prozess der Entfaltung und Ausbreitung natürlicher Strukturen möglichst ausreichend
Rechnung zu tragen und möglichst wenig entgegenzutreten. Es ist ein verhältnismäßiges
sowie maßvolles regionales Handeln an den Tag zu legen.
In diesem Zusammenhang befürworten wir die bestehenden Nationalparks und begrüßen
Initiativen für neue Naturparks. Uns ist hierbei besonders wichtig, dass die
Bürger vor Ort in den Entscheidungsprozess ausreichend einbezogen werden.
Bei der Energiegewinnung darf es nicht sein, dass Wälder und Wiesen aus Gründen
mangelnden Widerstandes für den Bau von Windparks missbraucht werden. Wir lehnen die
Nutzung des Waldes als neue Plattform für Windenergie ab. Darüber hinaus dient die
Jagd dem aktiven Schutz von Flora und Fauna. Deshalb dürfen bürokratische Hürden für
die Jagd- und Fischereiausübung nicht weiter ausgebaut werden. Auflagen sollten
geprüft und gegebenenfalls verhältnismäßig und sinnvoll reduziert werden.
II. GEMEINDEN ÜBERREGIONAL STÄRKEN
Die Gemeinden sind zentrale Handlungsfiguren örtlicher Gestaltung. Jede Gemeinde ist
aufgrund örtlicher Gegebenheiten und Umstände unterschiedlichen
Herausforderungen ausgesetzt. Dabei muss das Handeln örtlicher Politik in
strukturschwachen Regionen anderen Grundsätzen folgen als in solchen Regionen, in
welchen regionale Verdichtungsstrukturen vorhanden sind.
- Gemeindliches Vorgehen in strukturschwachen Regionen
Gerade in strukturschwachen Regionen kommt die Handlungsfähigkeit der Gemeinden an
ihre Grenzen. Ziel muss es deshalb sein die Gemeinden in ihrer
Handlungsfreiheit einerseits zu stärken und andererseits eine koordinierte und
gemeindeübergreifende Zusammenarbeit zu realisieren, welche langfristig die jeweilige
Region in wirtschaftlicher, finanzieller und gesellschaftlicher Hinsicht lebenswert
und attraktiv macht.
- Regionale Zusammenarbeit vertiefen und regionale Wirtschaftskraft bündeln
Strukturschwache Gemeinden und generell Gemeinden in strukturschwachen Regionen
müssen vertieft miteinander zusammenarbeiten.
Bei strukturschwachen Gemeinden ist das zwingend. Deshalb sollen benachbarte
strukturschwache Gemeinden Aufgaben der örtlichen Grundversorgung
gemeinsam erledigen. Zu diesem Zwecke sollen die Gemeinden im Regelfall
Zweckverbände bilden. Als ultima ratio sollen Pflichtverbände gegründet werden.
Darüber hinaus soll im Regelfall auch die regionale Wirtschaftskraft gebündelt
Das Betreiben gemeinsamer Gewerbegebiete oder sonstiger Baugebiete
ist hier zielführend.
Mit den Mitteln der kommunalen Zusammenarbeit sollen
letztendlich Gebietsreformen vermieden und die förderal-regionale Vielfalt
Bayerns erhalten werden. Der Bildung von Verwaltungsgemeinschaften verschließen
wir uns nicht.
Als absolute ultima ratio kann ebenfalls das Zusammenlegen oder Auflösen von
Gemeinden zweckmäßig sein, auch wenn dies nur als allerletztes Mittel
in Betracht gezogen werden soll und nur wenn mildere Maßnahmen nicht nachhaltig
genug greifen. - Forschungsstandorte schaffen
Darüber hinaus wollen wir vermehrt Forschungsstandorte schaffen. Dies kann im
Zusammenhang mit Universitäten oder Fachhochschulen geschehen. Dies
kann allerdings auch industrielle Forschung oder Forschung durch Privatpersonen
oder -unternehmen sein. Falls der Staat neue Forschungseinrichtungen und –
projekte startet, sollen diese in der Regel in strukturschwachen Regionen
verwirklicht werden, sofern eine andere Region nicht eindeutig besser geeignet - Gemeindliches Vorgehen in der Nähe von Verdichtungszentren
Gemeinden in der Nähe von wirtschaftsstarken Verdichtungszentren haben eine besondere
Ausgangsituation. In der Regel sind die Gemeindeeinwohner beruflich abhängig von
der Nähe zum Ballungszentrum. Damit diese Gemeinden nicht durch diese natürliche
Sogwirkung abgehängt werden, sollen sie am wirtschaftlichen Erfolg
der Ballungszentren teilhaben.
Zu diesem Zwecke müssen gewisse Grundvoraussetzungen gegeben sein, damit die örtliche
Bevölkerung ein dauerhaftes Niederlassen in derartigen Gemeinden ernsthaft
in Betracht zieht. Hierzu zählen vor allem eine ausgebaute Verkehrs-
und Digitalinfrastruktur sowie eine lebenswerte Umgebung.
Es bedarf zunächst einer verkehrsgünstigen Anbindung an das Ballungszentrum.
Zu dieser Anbindung gehört zunächst, dass in dem jeweiligen Ballungszentrum ein
ausgereiftes Park’n’Ride-Konzept umgesetzt wird, damit man schneller
und umweltfreundlicher mit dem Auto in die Stadtnähe gelangen kann.
Als zweites bedarf es eines Modells flexibler und bedarfsorientierter Buslinien, um
jederzeit einen ÖPNV gewährleisten zu können. Hierzu soll, soweit nötig, auch das
Straßennetz ausgebaut werden. Weiterhin fordern wir neben der essenziellen
Barrierefreiheit auch die Ausweitung der Kapazitäten des ÖPNV. Staatliche
Markthindernisse für private Personenbeförderungsdienste müssen aufgehoben werden, um
das Angebot kommerzieller Fahrdienstleistungen zu erweitern. Nur so kann
der individuelle und öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden.
In der Digitalisierung des ländlichen Raumes sehen wir noch sehr viel
Ausbaupotential. In vielen Gemeinden ist die Infrastruktur der
Gewerbegebiete veraltet, weshalb für die bestehenden Unternehmen, aber auch für
Neugründer gute Bedingungen geschaffen werden müssen. Ein flächendeckendes
Glasfasernetz und der angestrebte Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes sind hierfür die
zentralen Faktoren. Auch der Ausbau des öffentlichen WLANs soll vorangetrieben
werden. Für eine effektive Verwaltung fordern wir außerdem die voranschreitende
Digitalisierung der Ämter.
Für attraktive Wohn- und Arbeitsverhältnisse, muss neben dem Ausbau des
Wohnraumangebotes auch ein gutes Kinderbetreuungsangebot vorhanden sein. Konkret
sehen wir dabei zunächst ausreichend Kita-Plätze als wichtiges Kriterium
an. Die Kapazität der vorhandenen Kita-Plätze soll dabei regelmäßig an die Nachfrage
angepasst werden. Um eine Angleichung an die Arbeitszeiten der Eltern erreichen
zu können, muss es auch eine Flexibilisierung der Unterbringungszeiten in Kitas und
sonstigen Kindertageseinrichtungen geben.
III. STRUKTURSCHWACHE REGIONEN INSGESAMT WIRTSCHAFTLICH UND STRUKTURELL STÄRKEN
Strukturschwache Regionen haben vor allem einen Mangel an Wirtschaftskraft. Einzelne
Gemeinden sind hier in einem Nachteil, den sie nicht alleine ausgleichen
können. Deshalb müssen für strukturschwache Regionen gewisse Besonderheiten
gelten. Ziel des folgenden Konzeptes ist es eine koordinierte und langfristige
Aufwertung strukturschwacher Regionen in gemeindeübergreifender Zusammenarbeit
leichter zu ermöglichen. Zentrale Koordinierungsstelle sollen hier die Landkreise –
insbesondere das Landratsamt – sein.
- Landkreis mit besonderem Handlungsbedarf
Bereits jetzt gibt es nach dem Landesentwicklungsplan Bayern sogenannte „Regionen mit
besonderem Handlungsbedarf (RmbH).). Wir wollen diese Grundidee entsprechend
modifizieren und einen zielgerichteten Konzeptrahmen zur Aufwertung strukturschwacher
Regionen entwickeln.
Daher wollen wir in Zukunft „Landkreise mit besonderem Handlungsbedarf“ (LmbH)
ausweisen. An den bisherigen fünf Zuteilungskriterien für RmbH
– Beschäftigungsdichte, Arbeitslosenquote, verfügbares Einkommen,
Bevölkerungsprognose und Wanderungssaldo junger Menschen – halten wir fest.
Ein sechstes Kriterium – Vorhandensein eines wirtschaftsstarken Verdichtungsraumes –
soll der Abgrenzung und Differenzierung zwischen den bisher ausgewiesenen RmbH
dienen.
An den Status des LmbH sollen verschiedene Rechte, Pflichten und Besonderheiten
geknüpft sein, welche im Folgenden näher ausgeführt werden.
- Neue Aufgaben für den Landkreis
Zentrale Aufgabe für das Landratsamt eines LmbH ist die Koordinierung der
kommunalen Zusammenarbeit und die Bereitstellung von Hilfs- und
Dienstleistungen für die Gemeinden. Zur Erfüllung dieser neuen Aufgabe gehört
es bei Bedarf Ressourcen und Fachpersonal zur Beratung von Gemeinden
Dies betrifft besonders die Ausarbeitung von Bebauungsplänen,
Errichtung gemeindlicher Organisationen und Einrichtungen sowie sonstige
rechtliche Beratung in Selbstverwaltungsfragen.
Bei Gemeinden, die im Landesentwicklungsplan als strukturschwach bezeichnet
sind, verdichtet sich die Koordinierungs- und Hilfsfunktion zu
einer Pflichtaufgabe. Bei diesen Gemeinden soll die strenge Subsidiarität des
Aufsichtsrechts gelockert werden, damit das Landratsamt im Falle
von rechtswidriger Nichterfüllung von Gemeindeaufgaben schnell und effizient
vorgehen kann.
Als ultima ratio ist es dem Landkreis möglich, einzelne
gemeindliche Einrichtungen und Aufgaben selbst zu übernehmen. Dies soll mit
Zustimmung des Kreistages auch gegen den Willen einer strukturschwachen Gemeinde
möglich sein. - Personelle und finanzielle Ausstattung
Zur effizienten Erfüllung dieser Aufgaben muss beim Landratsamt mindestens eine
Abteilung geschaffen werden, welche sich explizit um die Koordinierung
und Hilfestellungen für Gemeinden kümmert. In dieser Abteilung muss eine
ausreichende Anzahl an fachlich gut ausgebildeten Staatsbeamten
und Kreisbediensteten beschäftigt werden.
Die Kosten für das zusätzlich zu schaffende Personal sind vom Freistaat Bayern
zu tragen. Ebenfalls soll es Zuschüsse für LmbH geben, damit diese Unkosten
im Rahmen ihrer neuen herausgehobenen Stellung ausgleichen können.
Die Kosten für die neue Pflichtaufgabe gegenüber strukturschwachen Gemeinden
sind ebenfalls vom Freistaat Bayern zu tragen. Sofern der Landkreis
gemeindliche Aufgaben übernimmt, kann dieser die im jeweiligen Aufgabenfeld
bestehenden Förderungen für Gemeinden selbst in Anspruch nehmen. - Handlungsspielraum des Landkreises und Stärkung des Bürgers
Darüber hinaus wollen wir den Bürger in eine stärkere Position versetzen.
Deshalb hat jeder Gemeindeeinwohner im Bereich seiner Gemeinde einen
einklagbaren Anspruch auf Einschreiten des Landratsamtes als Aufsichtsbehörde,
wenn die Gemeinde öffentlich-rechtliche Aufgaben und Pflichten nicht erfüllt. Im
Übrigen hat der Landkreis weitgehend Spielraum zur Erfüllung seiner Aufgaben.
Insbesondere kann das koordinierende und helfende Vorgehen an Zweckmäßigkeits-
und Prioritätserwägungen ausgerichtet werden. - Steuerliche Besonderheiten
Um strukturschwache Regionen wirtschaftlich attraktiv und konkurrenzfähig zu machen,
bedarf es zwangsläufig besonderer steuerlicher Anreize und Spielräume. Ziel ist
es eine Abwanderung von Unternehmen zu verhindern und gleichzeitig eine Ansiedlung
von Unternehmen zu begünstigen.
- Arbeitnehmer und Familien entlasten
Wir wollen die standortbedingten Nachteile für Arbeitnehmer und Familien
Dadurch soll zunächst der Arbeitnehmerpauschbetrag auf 2000 €
erhöht werden, sofern der Arbeitnehmer in einem Unternehmen, welches seinen
Sitz im Landkreis hat, arbeitet.
Darüber hinaus wollen wir eine generelle Absetzbarkeit von außergewöhnlichen
Belastungen aufgrund der Strukturschwachheit der Region ermöglichen. Dazu
zählen insbesondere Zusatz- und Ersatzkosten für fehlende oder nicht
ausreichende staatliche Kinderbetreuung, Fahrtkosten aufgrund fehlender
örtlicher Freizeitangebote für Kinder und generell Zusatzkosten aufgrund eines
fehlenden ÖPNV. - Kaufkraft erhöhen und Unternehmer entlasten
Wir wollen die Kaufkraft generell erhöhen und einen einheitlichen
Umsatzsteuersatz von 13 Prozent. Darüber hinaus wollen wir im Einzelfall und auf
Antrag für Gewinneinkünfte besondere Stundungsmöglichkeiten auf die Einkommens-
und Körperschaftssteuer gewähren. - Mehr Freiheit beim Gewerbesteuerhebesatz
In LmbH soll künftig der Mindesthebesatz auf die Gewerbesteuer nicht mehr
Falls es jedoch zu einem schädigenden Steuerwettbewerb
der kreisangehörigen Gemeinden kommt, soll der Kreistag einen Mindesthebesatz
festlegen können, welcher 130 nicht übersteigen darf. - Schaffung von Gründungsanreizen
Wir wollen besondere Anreize für Unternehmensgründungen schaffen. Neben der Schaffung
genereller Neugründungsanreize sollen in LmbH zusätzlich besonders
günstige Rahmenvoraussetzungen gegeben sein.
Zur allgemeinen Neugründerförderung zählt, dass in den ersten zwei Jahren keine
Einkommens-, Körperschafts- und Gewerbesteuer zu zahlen sind.
Sofern sich ein Unternehmen in einer strukturschwachen Region niedergelassen hat,
soll es nach diesen zwei Jahren ein dreistufiges Steuerentlastungssystem auf
Einkommens- und Körperschaftssteuer geben. Auf der niedrigsten ersten Stufe soll es
Stundungsmöglichkeiten geben. Auf der zweiten Stufe wird ein niedrigerer
Steuersatz angewendet. Auf der dritten Stufe wird auf die Steuer verzichtet.
Bis zum fünften Geschäftsjahr kann der Unternehmer auf Antrag
diese Steuervergünstigungen geltend machen. Dabei muss eine besondere Bedürftigkeit
nachgewiesen werden. Einem Antrag auf Anwendung eines erniedrigten Steuersatzes soll
in der Regel stattgegeben werden. Ein Steuerverzicht soll nur in
absoluten Ausnahmefällen gewährt werden.
Bei der Gewerbesteuer ist es den Kommunen möglich einen niedrigeren Hebesatz für
Neugründungen in ihrem Gemeindegebiet zu gewähren. An eine etwaige
Hebesatzfestlegung durch den Kreistag ist sie in Bezug auf Neugründungen nicht
gebunden. Nach dem fünften Geschäftsjahr müssen neugegründete Unternehmen den für die
übrigen Unternehmen geltenden Hebesatz in der Gemeinde zahlen.
Damit Gründer leichter an Kapital kommen, wollen wir Investitionen anregen, indem
Wagniskapital um bis zu 50 Prozent steuerlich absetzbar ist.